Realität vs. Phantasie

Da ist dieser Perfektionist im Künstler, den wir an so vielen Werken festmachen können. Der Mann, der erst die Konstruktion und Bücher darüber bis ins tiefste Detail studiert, bevor er sich daran macht, sein Motiv auf´s Papier zu bringen.  Der Mensch, der sich erst daran macht es abzubilden, wenn er alles über Entstehung, Funktion und Ablauf genauestens kennt. So sind beispielsweise die Radierungen der bäuerlichen Katstellen präziser in der Wiedergabe als mache Fotografie.  Hier liegt die Kunst in der handwerklichen Fertigkeit Henschels. Oft geht er aber darüber hinaus und fügt dem Werk seinen eigenen Stil bei, der es am Ende unverkennbar zu einem Henschel macht. Hier vermengt sich die abgebildete Realität mit seiner künstlerischen Handschrift.

Schon durch die vielen Erzählbilder Henschels wissen wir, dass er alles andere als phantasielos war. Ein weiteres Zeugnis seiner spielerischen Natur ist das Motiv seiner Brunnenkresse. Sofort erkannt man die Blüte und der geneigte Gärtner bestimmt die abgebildete Art fast im Schlaf. Und doch stört etwas den Anblick. Zumindest dann, wenn man sich in der Pflanzenwelt ein wenig auskennt. Durch die Vielzahl der Werke bleibt man bei der schnellen Durchsicht oft nur auf die markanten Bildteile fixiert. Hier sind es die Blüten, aufgrund der auffälligen Farbgebung zur restlichen Umgebung. Es bedarf einer immer wiederkehrenden Betrachtung, bis einem auffällt, dass die Blätter in der Form wie sie dargestellt sind so gar nicht zur Kapuzinerkresse passen wollen. Spätestens dann fällen einem auch die an die Pflanze gelegten Früchte auf, die an eine aufgeploppte Schote erinnern und die zur Kresse passen wie ein Kuckucksei. Noch einmal genau geschaut, stellt man fest, dass die Blüte auch noch einem holzigen Stamm entspringt. Spätestens jetzt wird klar: Henschel ließ es sich nicht nehmen von der Wirklichkeit abzuweichen und frei nach gut dünken zu komponieren, was ihm gefiel. Er vereint die Verfolgung strenger selbst auferlegter Richtlinien, erlaubt sich aber andererseits Ausflüge in eine Welt, die er selber erschafft. Er ist der Wanderer.